Hier
finden sie die kompletten Bericht vom Konzert mit Edwin Kimmler am 17.1.2009
im Gasthof Mühlwinkl, geschrieben von Ludwig Flug |
Die Liebe zur Musik bis
zur völligen Erschöpfung zelebriert Einen erotischen Voodoo-Song, der einen verbrennt, wenn man nicht aufpasst? Ein Stück, dass der Musiker schon mal nicht kontrollieren kann, das dann ausbricht und Unglaubliches anrichtet? Kurz vor Mitternacht stand er da Samstag auf der Bühne des Saales im Gasthof Mühlwinkl und kündigte dieses Stück an. Völlig durchgeschwitzt! Ein diebisches, wenn nicht etwas dämonisches Grinsen im glücklichen Gesicht des schmalen Mannes aus Landshut, des Edwin Kimmler. Zugegeben: Seine nachfolgende Interpretation des Stückes „You give me fever“, war schon etwas ganz Besonderes. Dieses gefühlvolle Piano-Spiel, der feine Anschlag, das Herauszögern der Noten, dass man es vor Ungeduld kaum aushielt. Dabei wieder andere Variationen dieser so vielseitigen Stimme, die vom tiefen Bass, über die Mitteltöne, mal sanft mal schneidend bis in die Kopfstimmen führt. Jetzt war sie knarzend und rauchig. Dazu der Schalk und die Begeisterung für die eigene Musik. Wundervoll. Aber der ausschließliche Höhepunkt des Abends ist es dennoch nicht. Da gibt es zuvor – und auch danach – noch zu viel Anderes. Man sieht es dem Landshuter eigentlich nicht an, dass da ein international renommierter Künstler mit seiner jetzigen Tournee und seinen 46 Jahren sein 30-jähriges Bühnenjubiläum mit inzwischen über 1800 Auftritten feiert, wenn er da zu Konzertbeginn zum wiederholten Male auf die Bühne tritt und prüft, ob alles passt, alles an seinem Ort ist. Doch beginnt das Konzert, merkt man, der Mann hat sein ganzes Herz in die Hand genommen, mit missionarischem Eifer von der Schönheit der Musik zu überzeugen und selbst unheimlichen Spaß zu haben. Und bei aller Begeisterung im Publikum, es freut sich niemand im Saal so sehr und diebisch wie Edwin Kimmler, wenn er wieder eine seiner grandiosen, teuflisch schnellen und perfekten Boogie-Interpretationen aus dem Piano gehauen hat. Von Beginn an merkt man dem Mann die Freude an, hier vor einem vollen Saal zu spielen, und die Absicht, mit dem Publikum einen wunderschönen Abend zu haben. Das beginnt für den Multi-Instrumentalisten mit einem Ausflug in die Gitarrenwelt und einem Blick und einem Ohr auf die Auswahl seiner Lieblingsgitarren aus seiner Sammlung mit Einzelstücken bis zu der Zeit vor 1930. Zum Einspielen ein Blues, dann ein Ragtime. Witzige Moderation und Hinweise auf Eigenarten der Stücke und der Instrumente. Dann folgt schon – wie er es nennt – die erste Bühnenshow, wenn er mit vollem Körper- und Lungeneinsatz, doch fein und sauber ein rasendes Stück auf der Mundharmonika abliefert. Es rumpelt und kracht ein Boogie Woogie Dance aus seiner Steal-Guitar, bevor der Hawai & Hula Blues auf seiner Hawai-Steel-Guitar, die Hüften der Mühlwinkl-Bedienungen durch die engen Reihen tanzen lässt. Vier Gitarren, mehrfach eingesetzt. Dass das alles nur von einem einzelnen Mann kommt, merkt man erst beim zweiten Hinsehen. Er macht es deutlich, wie man mit einer Gitarre eine ganze Band zusammenstellt, beginnt mit den Drums, fügt die Bläser hinzu, lässt Gitarre und Gesang erklingen und schon hat man vollen Bühnensound. Ganz einfach, meint Kimmler: Der Daumen spielt die Gitarre, die anderen Finger müssen sich um die anderen Instrumente kümmern. Aber nicht nur die Schnelligkeit ist seine Stärke. Genauso grandios klingt Edwin Kimmler, wenn er in langsamen Balladen um jeden Ton ringt, die Saiten streichelt und Gefühle hervor zaubert wie in seiner Eigenkomposition „Healing“. Noch „Iko Iko“ auf der Gitarre und schon ist Pause. Die hat sich Edwin Kimmler zu seiner Reanimation ausgebeten, denn schon jetzt zur Halbzeit hatte er alles gegeben. Das als fachkundig bekannte Publikum der Konzerte der Staudacher Musikbühne ist zu diesem Zeitpunkt schon restlos begeistert und wartet gespannt. Ein beschwingter, aber anspruchsvoller Blues auf dem Piano und dann der „Boogie for five Minutes“. Das Auge sagt einem, dass hier einer gestartet sei, den Geschwindigkeits-Weltrekord zu brechen. Zu schnell flitzen die Finger über die Tasten, sie verfolgen zu können. Die Ohren wissen es besser. Hier wird jeder Ton bewusst gespielt, jeder Rhythmus bewusst gesetzt, hier ist Liebe im Spiel und heraus kommt ein so grandioser Boogie, dass das Publikum mit Zwischenrufen und –Applaus einfach nicht mehr an sich halten kann. Auf diesem Standard ging es weiter. Eine langsame, gefühlvolle Ballade aus den Tasten gestreichelt, dann warmer ausdrucksstarker Gesang dazu und wenn sich der Musiker so von den vorherigen Strapazen erholt hat, geht es hinein ins nächste Boogie-Gewitter. Keine Ruhe, kein Innehalten, ein Höhepunkt folgt dem anderen und das Publikum ist längst euphorisch. Am Ende der regulären Spielzeit ist der Musiker fertig und alle. Schweißgetränkt. Die Kleidung klebt am Körper, die Haare wirr vom Kopf. Der Musiker meint, er sei fix und fertig, aber glücklich, und ….. setzt sich ans Piano. Noch eine Zugabe und noch eine Zugabe, eine schöner als die andere. Selbst das ansonsten eher zurückhaltende Mühlwinkl-Publikum bringt andauernde stehende Ovationen. Keiner geht vorzeitig, alle bleiben bis zum letzten Ton, ehe sie deutlich nach Mitternacht einen grandiosen, sensationell aufgelegten Edwin Kimmler endlich seine glückliche Ruhe finden lassen. |